FLIEGERUHREN

Was ist eine Fliegeruhr? Wozu wurden Fliegeruhren entwickelt? Wann und wie ging die Entwicklung von Fliegeruhren vor sich?

Ursprünglich wurde eine Armbanduhr, die speziell für die Bedürfnisse von Piloten entwickelt wurde, als Fliegeruhr bezeichnet.

Der erste Anspruch an eine Uhr, den ein Ballonfahrer, Luftschiffer und in weiterer Folge Flieger stellte, war, diese am Handgelenk tragen zu können. Das Ablesen der Zeit, von einer mühsam aus der Montur gekramten Taschenuhr am Bande, war unpraktisch beim Steuern eines Luftfahrzeugs.

Dieser Anspruch geht zurück auf den brasilianischen Luftschiffer, Motorflugpionier und Erfinder Alberto Santos Dumont (1873 – 1932). Er dachte 1904 gemeinsam mit seinem Freund Louis-François Cartier über eine für Luftfahrtzwecke geeignete Armbanduhr nach. Cartier fertigte diese für Dumont und schuf so eine der ersten Fliegeruhren, die „Modell Santos“ genannt wurde. Nach einigen Fahrten mit selbstgebauten Luftschiffen, führte Dumont am 23. 10. 1906 den ersten öffentlichen Motorflug mit einem eigenstartfähigen Flugzeug, vor der Kommission des Aéro-Club de France in Frankreich, durch. Demgegenüber der Start des ersten Motorflugs an sich, absolviert von den Gebrüdern Wright am 17. 12. 1903, mit Unterstützung durch eine katapultartige Konstruktion vor sich ging.

Alberto Santos Dumont 1898

Uhren Köck Uhrenlexikon Bild Fliegeruhr-1-Alberto_Santos-Dumont_(1898)© Wikimedia/unbek. Fotograf/Dominiopublico.gov..br/Dantadd (gemeinfrei)

Die „14-bis“ mit der der Flug am 23. 10. 1906 in Frankreich gelang.

Uhren Köck Uhrenlexikon Bild Fliegeruhr-2-"14-bis"© Wikimedia/Centro Contemorâneo de Tecnologia (CTT)/Felipe Micaroni Lalli, FML (gemeinfrei)

Zu dieser Zeit waren Armbanduhren zwar bereits bekannt, jedoch wurden sie überwiegend von Frauen getragen, da das Armband jahrhundertelang als schmückendes Attribut der Damen galt. Die ersten Armbanduhren, für das weibliche Geschlecht konstruiert, waren in Armreifen und schmucke Armbänder eingearbeitete kleine Uhren. Ein Symbol des Mannes, zumindest in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus, war die in der Westentasche getragene Uhr mit Kette. Die damals stark abgegrenzten Geschlechterrollen trugen dazu bei, dass ein Mann mit Armbanduhr bei seinen Zeitgenossen wohl eher als verweichlicht galt. Nur „ganze“ Männer wie Reiter, Offiziere, Automobilisten oder Flieger waren diesem Vorwurf nicht ausgesetzt. Da beispielsweise die Luftfahrt zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den herausragenden Ingenieurleistungen zählte, begannen Uhrenhersteller über den tatsächlichen Bedarf hinaus Flieger-Armbanduhren und Militär-Armbanduhren anzubieten, um dem Geist der Hochtechnologie zu entsprechen. So trugen Militär und Luftfahrt zur breiten Akzeptanz von Herrenarmbanduhren durch die Männerwelt bei. Die Entwicklung der Fliegeruhr ist also mit der Entwicklung der Herrenarmbanduhr eng verwoben.

Erst in Folge wurden weitere Ansprüche an die Fliegeruhr gestellt. Sie sollte über ein genau gehendes Werk verfügen und besonders robust konstruiert sein. Auch musste sie durch eine schmucklose aber kontrastreiche Zifferblattgestaltung leicht und sogar bei Dunkelheit ablesbar sein. Das wurde durch die Herstellung großer Uhren erleichtert. So wiesen die auch als Beobachtungsuhren bezeichneten Fliegeruhren, die während des zweiten Weltkriegs in Deutschland gebaut wurden, einen stattlichen Durchmesser von 55 mm auf. Statt der Zwölf war häufig ein auffälliges Dreieck auf das Zifferblatt gedruckt. Um die Ablesbarkeit im Dunkeln zu ermöglichen, wurden das Dreieck, die Ziffern und die Zeiger mit radioaktiver Leuchtfarbe belegt. Die heute verwendeten Leuchtfarben weisen natürlich keine Radioaktivität mehr auf. Der Fliegeruhr oblag es ferner über eine große, weit abstehende Krone zu verfügen, damit die Uhr auch mit einer behandschuhten Hand aufgezogen werden konnte. Ein langes Lederarmband hatte zu gewährleisten, dass die Uhr auch über dem Ärmel der Montur zu tragen war. Eine IWC-Fliegeruhr aus dem Jahr 1940 konnte sogar mit einem Lederriemen um den Oberschenkel geschnallt werden. Weitere Anforderungen, die zu dieser Zeit an eine Fliegeruhr gestellt wurden, waren der Schutz des Uhrwerks vor magnetischen Einflüssen im Cockpit und eine Unruhstoppvorrichtung (Sekundenstopp) zum zeitzeichengenauen Einstellen.

Laco Erbstück Replika mit einem Durchmesser von 55 mm aus aktueller Produktion

Uhren Köck Uhrenlexikon Bild Fliegeruhr-3-200120

© Laco Uhrenmanufaktur Gmbh

Obwohl es heute für einen Piloten, aufgrund der vielen in die Armaturentafel eingebauten Instrumente, vielleicht nicht mehr unbedingt notwendig ist, ein Uhr am Arm zu tragen, werden nach wie vor Fliegeruhren, vor allem im militärischen Bereich, eingesetzt. Da die Zeit für den Flieger eine wichtige Größe ist, zeigt die von den Armaturen unabhängige Fliegeruhr des Piloten, einen wichtigen Referenzwert zu Kontrollzwecken an. Gegenwärtig gibt es ein großes Angebot an mechanischen Fliegeruhren. Sie weisen unterschiedliche Eigenschaften auf und sind auch Ausdruck des Zeitgeists technisch orientierter Personen.

Zum Shop-Fliegeruhren bzw. siehe auch unter SEKUNDENSTOPP bzw. ZEIT

 

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